Therapie akuter Schübe

Neuro-Depesche 7-8/2016

Kortikosteroide mit Reha kombinieren?

Zertifizierte Fortbildung

Bei akuten MS-Schüben ist die Gabe hochdosierter Kortikosteroide die Therapie der Wahl. Allerdings kommt es relativ häufig zu keiner kompletten Remission der Akutsymptome. Kann hier die zusätzliche Durchführung eines Rehabilitationsprogramms helfen? Dazu wurde jetzt eine randomisierte kontrollierte Studie durchgeführt.

49 MS-Patienten mit akutem Schub wurden eingeschlossen und erhielten eine Hochdosistherapie mit 1000 mg/d Methylprednisolon (MPH) i.v. über fünf Tage. Knapp die Hälfte wurde zu einer zusätzlichen Rehabilitation (Multidisciplinary rehabilitation, MDR) über drei Wochen randomisiert. Die MDR umfasste u. a. fünfmal pro Woche 1 Stunde körperliche Übungen mit einem Physiotherapeuten und dreimal pro Woche 30-minütige Sitzungen mit einem Ergotherapeuten.
Outcome-Parameter waren u. a. die Veränderung der Beeinträchtigungen anhand der Expanded Disability Status Scale (EDSS) und des Functional Independence Measure (FIM) nach einem und nach drei Monaten. Die Lebensqualität wurde mithilfe der Skala Multiple Sclerosis Quality of Life-54 (MSQoL-54) untersucht.
37 Teilnehmer durchliefen die Studie vollständig, davon 17 in der MDR-Gruppe. Nach einem Monat signifikant gegenüber dem Ausgangszustand verbessert hatten sich in beiden Studienarmen sowohl die EDSS-Werte als auch die motorischen Scores der FIM. Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren dabei allerdings nicht signifikant (EDSS: -0,9 vs. -0,5; p = 0,424 bzw. FIM: +15,6 vs. +9,1; p = 0,102). Dies war in ganz ähnlicher Weise auch nach drei Monaten der Fall (EDSS: -1,4 vs. -0,9; p = 0,184 bzw. FIM: +15,4 vs. +10,3; p = 0,102). Die kognitiven FIM-Scores verbesserten sich nicht.
Im MSQoL-54 kam es in der Kontrollgruppe nach drei Monaten gegenüber Baseline lediglich zu einem moderaten Effekt auf die körperliche Komponente. Dagegen wurde in der Gruppe mit zusätzlicher MDR nach drei Monaten gegenüber Baseline eine deutliche Therapiewirkung beobachtet: Der Physical health composite besserte sich tendenziell stärker (+15,9 vs. +8,1; p = 0,069) und der Mental health composite signifikant stärker (+16,2 vs. +3,8; p = 0,017) als in der Kontrollgruppe mit alleiniger MPH-Gabe. Die Effektgrößen (Cohen’s d) waren dabei mit Werten ≥ 0,80 hoch.
Zudem fand sich nur in der MDR-Gruppe nach einem und drei Monaten eine signifikante Besserung der depressiven Symptome nach dem Beck Depression Inventory (BDI) (p = 0,001 bzw. 0,020). JL
Kommentar

Die deutliche, anhaltende Verbesserung der körperlichen und psychischen Lebensqualität durch die zusätzliche Rehabilitation nach einem Steroid-behandelten Schub ist zwar als sehr positiv anzusehen, doch unterschieden sich die beiden Gruppen in der Behinderung nach EDSS und FIM nicht signifikant voneinander. Die Autoren empfehlen die Zusatzmaßnahme dennoch, um die Gesamtbelastung der MS-Patienten zu reduzieren.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Nedeljkovic U et al.: Multidisciplinary rehabilitation and steroids in the management of multiple sclerosis relapses: a randomized controlled trial. Arch Med Sci 2016; 12(2): 380-9

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