Primärprävention per Internet

Neuro-Depesche 4/2016

Verhindert „IBI" den Konsumanstieg?

Zertifizierte Fortbildung

Wie wirksam ist eine kurze Internet-basierte Intervention (IBI) als primärpräventive Maßnahme zur Verhinderung eines Konsumanstiegs bei jungen Menschen, die (noch) nicht übermäßig trinken? Dies wurde jetzt in einer kontrollierten Studie untersucht.

Im Alter zwischen 18 und 20 Jahren werden in der Schweiz alle Männer gemustert. Dabei wurden im Rahmen der Cohortstudy on Substance UseRisk Factors (C-SURF) 1633 Personen rekrutiert, von denen 896 ein „Low-risk drinking“ berichteten. Dieses war definiert als Fehlen eines schädlichen Konsums (>14 Drinks/ Woche, ≥ 1 Binge-drinking-Episode/Monat mit mindestens 6 Drinks oder ein Score > 8 im Alcohol Use Disorders Identification Test [AUDIT]).
Nach Randomisierung durchliefen 451 Teilnehmer die Internet-basierte Intervention (IBI) zur Verhinderung des Konsumanstiegs und 445 bildeten die nicht-behandelte Kontrollgruppe. Die Intervention umfasste vor allem edukative Elemente: Über eine Website wurde den jungen Männern ein Feedback zu ihren persönlichen Alkoholkonsum-Gewohnheiten gegeben, sie wurden u. a. über Promille-Anstiege und gesundheitliche Folgen ihres Konsums aufgeklärt.
Primärer Wirksamkeitsendpunkt waren Veränderungen des Alkoholkonsums nach einem und sechs Monaten: einerseits anhand der Anzahl der Drinks (= 10 g Äthanol) pro Woche und andererseits als Häufigkeit eines Binge drinking pro Monat. Sekundär wurden der AUDIT-Score erhoben und etwaige Alkoholfolgen erfasst.
Zu Baseline lag die durchschnittliche Zahl an Drinks in der IBI-Gruppe bei 2,4/Woche. Sie hatte sich nach der Intervention praktisch nicht verändert (nach einem Monat 2,3 und nach sechs Monaten 2,5/Woche). In der Kontrollgruppe kam es dagegen zu einer leichten Zunahme des Konsums (von 2,4 zu Baseline auf 2,8 bzw. 2,7 Woche im Follow up). Der Unterschied zum Einmonatszeitpunkt war signifikant (Incidence Rate Ratio [IRR]: 0,87; p = 0,05), nicht aber nach sechs Monaten.
Ein Binge drinking, das den Einschlusskriterien entsprechend anfänglich keiner der Teilnehmer berichtet hatte, wurde nach einem Monat von 14,4% der IBI-Teilnehmer eingeräumt, unter den Kontrollen aber von 19,0% (Odds Ratio: 0,73; p = 0,09). Dieser Unterschied wird trotz verfehlter Signifikanz von den Autoren als klinisch relevant bewertet. Nach sechs Monaten fand sich mit 13,0% vs. 13,3% kein Unterschied.
Letzteres gilt auch für den AUDIT-Score, der anfänglich 3,5 und nach sechs Monaten 2,6 bzw. 3,7 betrug. In der Anzahl berichteter Alkoholfolgen ergab sich ein geringer, nicht-signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen von 0,7 vs. 0,8, der mit einer IRR von 0,79 als protektiv beurteilt wurde. JL
Kommentar

Gerade unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der Alkoholkonsum ein wichtiger Risikofaktor für eine erhöhte Morbidität und Mortalität – und er lässt sich modifizieren. Im Gegensatz zur Studienhypothese einer deutlichen Verhinderung einer Konsumzunahme fand sich nur einer kleiner Effekt, der von den Autoren aber als vielversprechend interpretiert wird. Im Sinne einer Primärintervention bestand die untersuchte Klientel explizit aus jungen Männern ohne erhöhten Alkoholkonsum. Betont wird, dass eine befürchtete „iatrogene“ Konsumzunahme (durch IBI) nicht beobachten wurde.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Bertholet N et al.: Internet-based brief intervention to prevent unhealthy alcohol use among young men: a randomized controlled trial. PLoS One 2015;10(12): e0144146. [Epub 7. Dez.; doi: 10.1371/journal.pone.0144146]

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