Editorial

Neuro-Depesche 4/2017

Todesstrafe – hier und dort

Liebe Leserin, lieber Leser,
wie soll ich ein Editorial schreiben, ohne die drohende Einführung der Todesstrafe in der Türkei durch einen ermächtigten Präsidenten zu erwähnen? Halt, es gibt einen Link zu medizinischen Inhalten: In unserer Rubrik „Steno“ (S. 24) finden Sie eine Kurzmeldung über den Einspruch zweier pharmazeutischer Unternehmen gegen die Verwendung ihrer Produkte in der geplanten Eil-Hinrichtungsserie von acht Verurteilten im US-Bundesstaat Arkansas. Das Thema ist breit durch die Medien gegangen und sogar die Europäische Komission hat sich an die US-Amerikaner gewendet. Meiner Ansicht nach hat vor allem die Begründung, so viele Verurteilte innerhalb von elf Tagen hinzurichten, internationale Empörung ausgelöst: Der republikanische Gouverneur von Arkansas führte für die Eile die Überschreitung des Verfallsdatums eines Medikaments der Dreierkombination, Midazolam, Ende April ins Feld! Die Todeskandidaten selbst hatten auch vor Gericht gegen die Vollstreckung geklagt, u. a. weil die zeitliche Häufung „dem Anstand widerspreche“! Bei Drucklegung dieser Ausgabe war zunächst die Exekution eines der acht Todeskandiaten ausgesetzt worden, jetzt gerade die ganze Serie, weil ein Gericht dem Hersteller von Vecuronium Recht gab. Dieses Unternehmen hatte seinerseits damit argumentiert, dass ihm durch die Verwendung seines Produktes ein „irreparabler Schaden“ entstehen könnte. O tempora, o mores! Immerhin tragen „wir“ zu diesen US-Nachschubproblemen bei, denn für Hinrichtungen eingesetzte Produkte sind von der EU mit einem Exportverbot belegt.
Übrigens gibt es noch einen zweiten Link zur türkischen Todesstrafen-Einführungsdrohung, von der Redaktion quasi „in eigener Sache“: Vielen regimekritischen Journalisten droht eine Anklage wegen Hochverrat – und es gibt bekanntlich nur wenige Delikte, auf die sich die Todesstrafe besser anwenden ließe... Natürlich wünschen auch wir uns eine Freilassung der bekannten und weniger bekannten Kollegen in der Türkei.
Nach diesem thematischen Exkurs zurück in unsere heimische Tageswirklichkeit: Das Team der Neuro-Depesche hofft, Ihnen auch mit der vorliegenden Ausgabe der Neuro-Depesche einen spannenden Themenmix aus ihren Fachgebieten zu offerieren. Wie immer freuen wir uns auch über Ihren Online-Besuch auf www.neuro-depesche
 

 

Jörg Lellwitz
Chefredakteur

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