Kognition und Hirn-Metabolismus geprüft

Neuro-Depesche 9/2016

THS nun auch bei Alzheimer-Demenz?

Zertifizierte Fortbildung

Die Einsatzgebiete der Tiefen Hirnstimulation (THS) weiten sich aus. In einer randomisierten, kontrollierten Phase-II-Studie wurde untersucht, inwieweit die Stimulation des Fornix bei Patienten mit einer leichten Alzheimer-Demenz die kognitiven Funktionen und den Hirnstoffwechsel beeinflusst.

Die Forschergruppe schloss 42 Alzheimer-Patienten im Alter zwischen 45 und 85 Jahren ein, die sich nach dem Clinical Dementia Rating (CDR; 0,5 oder 1) und der Alzheimer’s Disease Assessment Scale (ADAS-cog, 12–24 Punkte) in einem leichten bis mittelgradigen Demenzstadium befanden. Die THS erfolgte bilateral im Fornix. Studien hatten gezeigt, dass sie die elektrische Aktivität in diesem für Kognition/Gedächtnis wichtigen Faserbündel (1,2 Mio. Axone) erhöht und kognitionsrelevante Schaltkreise (z. B. Papez) moduliert.
Im primären Endpunkt, der kognitiven Leistungsfähigkeit nach ADAS-Cog 13 und CDR - Sum of boxes (SB), ergab sich nach sechs und zwölf Monaten zwischen den je 21 Patienten mit echter bzw. Scheinstimulation kein signifikanter Unterschied. Ähnliches galt auch für den California Verbal Learning Test (CVLT-II), die Alltagsaktivtäten nach der Skala Alzheimer’s Disease Cooperative Study - Activities of Daily Living (ACDS-ADL) und das Neuropsychiatric Inventory (NPI) als sekundäre Endpunkte. Im FDG-PET zeigte die Stimulationsgruppe nach sechs Monaten gegenüber der Scheinstimulation einen signifikant um 7–13% erhöhten Glukose-Metabolismus (u. a. im prä- und postzentralen Gyrus, temporalen und parietalen Assoziationskortex, Hippokampus), doch nach zwölf Monaten war der Unterschied nicht mehr signifikant.
Eine post-hoc-Analyse ergab allerdings eine Interaktion mit dem Alter: Die 12 Alzheimer-Patienten < 65 Jahren in der Verumgruppe tendierten dazu, schlechtere Leistungen zu zeigen als die der Kontrollgruppe, während die 15 älteren Patienten (≥ 65) der On-Gruppe einen Trend zu einem besseren Outcome aufwiesen – sowohl in klinischen Parametern (ADAS-cog-13-Zunahme: 8,3 vs. 18,7 Punkte; p = 0,12) als auch im zerebralen Glukose-Metabolismus (14–20% in der Verumgruppe).
Den Eingriff und die Stimulationsbehandlung bezeichnen die Autoren als sicher und gut veträglich. Akut traten in drei Fällen vier (7%) schwerwiegende Nebenwirkungen wie Infektionen, Elektroden-Dislozierung und Nausea auf. Über ein Jahr waren es drei bei einem Patienten der Off-Gruppe (Depression, Suizidgedanken, zunehmende Verwirrung). In einem Fall entwickelte sich 113 Tage nach Implantation eine lokale asymptomatische Enzephalomalazie. HL
Kommentar

Die kontinuierliche Fornix-THS erwies sich bei leichter Alzheimer-Demenz wie zuvor in der Pilotstudie (n = 6) als weitgehend sicher. Sie erhöhte zeitweise den Glukose-Hirnstoffwechsel und könnte zumindest bei den Älteren den kognitiven Abbau verlangsamen. Bei Patienten < 65 Jahren scheint dagegen wohl eher Zurückhaltung geboten. Nun sollten die für Alzheimer-Patienten optimalen Stimulationsparameter erarbeitet und die Langzeiteffekte geprüft werden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Lozano AM et al.: A phase II study of fornix deep brain stimulation in mild Alzheimer's disease. J Alzheimers Dis 2016; [Epub 18. Juli; doi: 10.3233/JAD-160017]

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