ADHS und Übergewicht

Neuro-Depesche 10/2016

Neue Daten und eine Metaanalyse

Zertifizierte Fortbildung

Einige Studien deuten darauf hin, dass Patienten mit einer ADHS ein deutlich erhöhtes Risiko aufweisen, übergewichtig oder adipös zu werden – dies könnte aber auch nur Subgruppen betreffen. In einer Übersichtsarbeit und anschließender Metaanalyse wurde dieser Zusammenhang anhand neuer Studiendaten überprüft – und dabei nach relevanten Einflussfaktoren gesucht.

Aktuell einbezogen wurden eine zweijährige Längsschnitt-Fallkontrollstudie (313 Kinder mit ADHS im Alter zwischen anfänglich sieben und elf Jahren) und die US-Befragung National Survey of Children's Health 2012 an 45 309 Familien. Die neue Studie ergab – in keinem Lebensalter und zu keinem Untersuchungszeitpunkt – eine signifikante oder robuste Assoziation von ADHS und Body Mass Index (BMI). In der nationalen Befragung ging eine ADHS nur bei Adoleszenten (Odds Ratio: 1,32–1,50) und adoleszenten Mädchen (OR: 1,73–2,51) mit Übergewicht einher, nicht aber in der Gruppe der Kinder oder bei den Jungen. Diese Relation verlor sich, wenn die Daten auf komorbide Depressionen und Beziehungsstörungen adjustiert wurden.
Metaanalytisch ausgewertet werden konnten 43 Studien mit 703 937 Teilnehmern. Hier betrug die Risikoerhöhung für Übergewicht/Adipositas (zusammengesetzte Effektgrößen) insgesamt 22% (OR: 1,22; p < 0,001). In den 22 Studien, in denen Auswirkungen einer ADHSMedikation berücksichtigt worden waren, betrug die OR für Übergewicht/Adipositas 1,30 (p = 0,003).
Die Effektgrößen wurden außerdem auch im Hinblick auf Geschlecht und Alter ausgewertet: Über alle Altersgruppen gepoolt und ohne Berücksichtigung der Kovariablen war der Zusammenhang bei den weiblichen Patienten stabil (OR: 1,19; p = 0,044), während dies auf die männlichen Teilnehmer nicht zutraf (OR: 1,10).
Über beide Geschlechter gepoolt war die Korrelation bei den über 18-Jährigen mit einer OR von 1,37 signifikant (p = 0,04), während die Signifikanz bei den Jüngeren knapp verfehlt wurde (OR: 1,13; p = 0,052). Insgesamt war mit dem Älterwerden – vom Kind über Teen zum Adoleszenten – ein Anstieg des Übergewichtsrisikos festzustellen. JL
Kommentar

Nach dieser Auswertung steigt das Risiko für Übergewicht/Adipositas bei ADHS-Patienten mit dem Alter. Am stärksten scheinen Erwachsene und vielleicht auch adoleszente Mädchen gefährdet zu sein. Bei Kindern schätzen die Autoren das Risiko als klinisch nicht relevant ein.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Nigg JT et al.: Attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) and being overweight/obesity: New data and meta-analysis. Clin Psychol Rev 2016; 43: 67-79

ICD-Codes: F90.

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