Neuro-Depesche 7-8/2017

KIS: Minocyclin verhindert die Konversion zur MS – aber nicht auf Dauer

Positive Wirksamkeitshinweise aus ersten Studien haben das Minocycline in MS Study Team bewogen, eine randomisierte Placebo-kontrollierte Studie bei Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (KIS) durchzuführen. Wird die MS-Konversionsrate reduziert?

An zwölf kanadischen MS-Zentren wurden 142 Personen rekrutiert, die innerhalb der letzten 180 Tage ein erstes, auf eine MS hinweisendes demyelinisierendes Ereignis erlitten hatten. 72 Teilnehmer wurden zu Minocyclin (100 mg/d, oral) randomisiert und 70 zu Placebo. Die Patienten blieben 24 Monate in der Studie, oder aber schieden aus, sobald sie ein zweites, die MS-Diagnose sicherndes Ereignis erlitten.
23 Patienten der Minocyclin- und 41 der Placebo- Gruppe konvertierten zu einer klinisch sicheren MS. Das unadjustierte Risiko für eine MS-Konversion innerhalb der ersten sechs Monate als primärer Studienendpunkt betrug 61,0% in der Placebo- vs. 33,4% in der Minocyclin- Gruppe. Der Unterschied von 27,6% war signifikant (p = 0,001).
Nach Adjustierung auf die Zahl Gd-anreichernder Läsionen zu Baseline, die in der Placebo- Gruppe signifikant (p = 0,04) höher war, betrug der Unterschied bei 43,0% vs. 61,5% Konvertierten nur noch 18,5%. Dieser war signifikant (p = 0,01), lag aber unter der vorab definierten Wirksamkeitsschwelle von -25%.
Zudem wurde die Signifikanz im sekundären Endpunkt, unadjustierter MS-Risikounterschied zwischen den beiden Gruppen nach 24 Monaten, verfehlt (55,3% vs. 72,0%; p = 0,06). Auch alle anderen MRT-Endpunkte fielen nach sechs Monaten zugunsten von Minocyclin aus, allerdings nach 24 Monaten erneut nicht.
Studienabbrüche, Gesamtrate an Nebenwirkungen (86,1% vs. 61,4%; p = 0,001), Ausschlag (15,3% vs. 2,9%, p = 0,01), Schwindel (13,9% vs. 1,4%; p = 0,005) und Zahnentfärbung (8,3% vs. 0%; p = 0,01) waren in der Minocyclin- Gruppe jeweils signifikant häufiger als in der Placebo-Gruppe. HL
Kommentar

Das MS-Konversionsrisiko der KIS-Patienten war unter Minocyclin nach sechs Monaten signifikant reduziert. Die adjustierte Risikoreduktion lag nicht wesentlich unter derjenigen anderer MS-Medikamente wie Interferon- beta 1ß und -1a s.c. (-24% bzw. -26), Teriflunomid (-18%) und Cladribin (-25%). Dies steht im Gegensatz zu einer negativ ausgegangenen RRMS-Studie zu Minocyclin als Add-on zu Interferon-beta 1a. Wie die Kommentatoren betonen, darf das – nicht zuletzt sehr preiswerte – Minocyclin nicht als wirksam angesehen werden, bis sein Nutzen in einer größeren und längeren klinischen Studie belegt wurde.

Quelle:

Metz LM et al. für das Minocycline in MS Study Team: Trial of Minocycline in a Clinically Isolated Syndrome of Multiple Sclerosis. N Engl J Med 2017; 376(22): 2122-33; Xia Z, Friedlander RM: Minocycline in Multiple Sclerosis – compelling results but too early to tell. ebda: 2191-93

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