Begleitsymptome der Migräne

Neuro-Depesche 9/2017

Individuelle und ökonomische Belastungen durch Übelkeit und Erbrechen

Zertifizierte Fortbildung

Neben Photo- und Phonophobie sind Übelkeit und Erbrechen sehr häufige Begleitsymptome von Migräne-Attacken. Wie stark sind die Belastungen der Patienten wirklich? Die individuellen und auch die ökonomischen Folgen wurden jetzt in den USA an einer großen Zahl von Migräne-Patienten untersucht.

In der retrospektiven Studie wurden die Daten der internetbasierten Querschnittsbefragung US National Health and Wellness Survey (2013) von 7855 Migräne-Patienten ausgewertet (Durchschnittsalter 41,82 Jahre, 73,4% weiblich). Sie hatten im letzten Monat durchschnittlich 3,27 Migräne- Attacken und verwendeten überwiegend orales Sumatriptan, Topiramat und Rizatriptan.
Neben Depressivität und Schlafproblemen wurden auch ihre Ressourcennutzung („Health care resource use“) anhand der Zahl von Arztbesuchen, Notfallbehandlungen und stationären Aufnahmen in den letzten sechs Monaten ermittelt und Beeinträchtigungen der Arbeitsproduktivität nach der Work Productivity and Activity Impairment-General Health Scale (WPAI-GH) erfasst.
57,6% des Migräne-Kollektivs (n = 4528) berichteten Übelkeit/Erbrechen im Rahmen ihrer Migräne-Attacken. Die Betroffenen waren häufiger weiblich, etwas jünger und etwas häufiger übergewichtig. Adjustiert auf möglicherweise beitragende Faktoren litten sie nach dem Gesamtwert des Patient Health Questionnaire (PHQ-9) im Durchschnitt unter stärkeren depressiven Symptomen als jene ohne Übelkeit/Erbrechen (7,91 vs. 7,02; p < 0,001). Sie wiesen nach dem Summenscore eines Fragebogens (elf Items) auch deutlich häufiger Schlafprobleme auf (durchschnittlich 3,29 vs. 2,64; p < 0,001).
Während sich in Arztbesuchen und Klinikbehandlungen keine Unterschiede zeigten, fielen die Besuche von Notfallambulanzen im Durchschnitt deutlich häufiger aus als bei den Patienten ohne Übelkeit/Erbrechen (0,48 vs. 0,38; p = 0,001). Dies führte zu um 26,3% höheren geschätzten Kosten (jährlich 1499 vs. 1187 US$; p = 0,002). Auch die direkten Behandlungskosten waren höher (19 662 vs. 18 398 US$/Jahr), doch der Unterschied war ohne Signifikanz (p = 0,103). Die prozentuale stärker eingeschränkte Arbeitsproduktivität (37,73% vs. 35,12%; p = 0,002) bei den Patienten mit Übelkeit/Erbrechen resultierte in höheren monetären Produktivitätsverlusten (10 344 vs. 9218 US$/Jahr; p = 0,016).
Insgesamt übersetzten sich diese Migräne- Begleitsymptome gegenüber den Patienten ohne Übelkeit/Erbrechen aber auch in höhere jährliche Gesamtkosten (25 644 vs. 23 831 US$; p = 0,037). JL
Kommentar

Unter Übelkeit und Erbrechen leiden bis zu 90% bzw. 70% der Migräne-Patienten, in dieser Studie immerhin mehr als der Hälfte. Die typische Begleitsymptomatik geht mit Depression, Schlafproblemen, Notfallbehandlungen und verringerter Arbeitsproduktivität einher. Die unzureichende Reduzierung von Übelkeit und Erbrechen unter den derzeitig verfügbaren Migräne-Therapeutika stellt in der Behandlung ein wichtiges „Unmet need“ dar, das nicht nur die Patienten stärker leiden lässt und funktionell einschränkt, sondern auch zu höheren indirekten und Gesamtkosten führt. Diesbezüglich wirksamere Therapien könnten auch die Lebensqualität der Patienten erhöhen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Gajria K et al.: Humanistic and economic burden of nausea and vomiting among migraine sufferers. J Pain Res 2017; 10: 689-98

ICD-Codes: G43.9

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