Epstein-Barr-Virus (EBV)-positive Patienten

Neuro-Depesche 3/2016

Hirnatrophie und Läsionslast deutlich höher

Eine hohe Konzentration an anti-EBV-Antikörpern steht im Verdacht, das MS-Risiko zu erhöhen bzw. das Fortschreiten der Erkrankung zu beschleunigen. Forscher der University of Buffalo analysierten jetzt den Zusammenhang zwischen zwei IgG-EBV-Ak und der kortikalen MS-Pathologie in einer Kohortenstudie mit 846 Teilnehmern.

539 MS-Patienten (369 RRMS; 135 SPMS; 35 PPMS), 66 mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS), 63 mit einer anderen neurologischen Erkrankung (OND) sowie 178 nach Geschlecht und Alter gematchte gesunde Kontrollpersonen wurden miteinander verglichen. Neben den MRT-Befunden wurden die Serumproben mittels ELISA auf die IgG-Antikörper gegen das virale Capsid-Antigen (VCA) und das Epstein-Barr-nukleäre Antigen 1 (EBNA-1) untersucht.
In der höchsten Quartile von anti-EBV-VCA VCA und anti-EBNA-1-Ak befanden sich etwa ein Drittel der MS- und CIS-Patienten (VCA-Ak: 31,2% bzw. 33,3%; EBNA-1-Ak: 33,8% bzw. 28,8%), aber nur 10,1% bzw. 7,3% der gesunden Kontrollen; die Unterschiede waren signifikant (p < 0,001). Unter den OND-Patienten betraf dies 12,3% bzw. 14,3%. Waren die VCA-Ak- Spiegel zwischen den MS-Subgruppen relativ gleichmäßig verteilt, so befanden sich die RRMS-Patienten am häufigsten in der höchsten Quartile der EBNA-1-Ak-Konzentrationen (36,3%), gefolgt von SPMS- (22,2%) und PPMS-Patienten (28,6%).
Für Patienten mit CIS und OND sowie für die Kontrollen ergab sich keinerlei Zusammenhang zwischen den Ak-Konzentrationen und den MRT-Befunden. Wiesen die MS-Patienten hohe anti-EBV-VCA-Ak-Werte auf, waren sowohl das Volumen ihrer T2-Läsionen (p = 0,001) als auch Anzahl und Volumen ihrer T1-Läsionen signifikant größer (p =0,002 bzw. p = 0,04). Außerdem zeigten MS-Patienten mit hohen Titern an EPV-Ak geringere Volumina an grauer Substanz (p = 0,041) und Kortex (p = 0,043) als jene mit niedrigen Ak-Serumkonzentrationen.
Dass die humorale Immunantwort auf die anti-EBV-Antikörper MS-spezifisch ist, zeigten zur Kontrolle durchgeführte Untersuchungen mit dem ebenfalls weit verbreiteten Cytomegalie- Virus (CMV): Weder in der Anzahl Ak-positiver Personen (p = 0,838) noch dem anti-CMVTiter (p = 0,231) bestanden signifikante Gruppenunterschiede. Es ergaben sich auch keine Zusammenhänge mit den MRT-Befunden. NW
Kommentar

In dieser groß angelegten Studie bestätigte sich der seit Jahrzehnten postulierte Zusammenhang zwischen EBV-Infektion und MSVerlauf. Je stärker die Immunantwort von anti-EBV-VCA und -EBNA-1 ausfiel, desto größer war die kortikale Atrophie, die Last an (chronischen) T1-Läsionen und fokale Läsionen der weißen Substanz. Eine Theorie besagt, dass fehlregulierte EBV-infizierte BZellen eine meningeale Entzündung induzieren, die über subpiale kortikale Läsionen, über ektopische lymphoide follikelartige Strukturen, über Waller‘sche Degeneration und andere Mechanismen die MS-assoziierte kortikale Pathologe begünstigen.

Quelle:

Zivadinov R et al.: Humoral response to EBV is associated with cortical atrophy and lesion burden in patients with MS. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm 2016; 3(1): e190 [Epub 7. Dez.; doi: 10.1212/NXI.0000000000000190]

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