Voxelbasierte Morphometrie (VBM)

Neuro-Depesche 5/2016

Hirnatrophie korreliert mit den akuten und den chronischen Läsionen

In welchen Regionen entwickelt sich die Hirnatrophie bei MS-Patienten? Stehen sie mit bestimmten Arten fokaler Läsionen im Zusammenhang? Diese Fragen versuchte eine deutsch-schweizerische Forschergruppe mit Hilfe der voxelbasierten Morphometrie (VBM) zu beantworten.

Das Studienkollektiv von 92 Patienten mit schubförmig remittierender MS (RRMS) war hinsichtlich Krankheitsdauer, -verlauf und Medikation sehr heterogen. Personen, die zu Beginn keine aktiven Läsionen auswiesen, wurden nicht weiter beobachtet. Ausgewertet werden konnten jeweils zwei, im Abstand von einem Jahr gemachte T1-gewichtete kraniale MRT-Aufnahmen von 89 Patienten.
Aktive Läsionen unterschieden die Forscher als neue Läsionen mit einer Volumenzunahme > 5% (NL) sowie vorbestehende chronische T1- Läsionen mit einer Volumenzunahmen >5% (CEL) oder einer Volumenabnahme >5% (CSL). Zugleich wurden die regionalen Volumenveränderungen erfasst.
Insgesamt zeigten sich in den VBM-Mustern bei 69 Personen 609 aktive Läsionen. Davon befanden sich 566 in der weißen (WM) sowie 43 in der kortikalen oder tiefen grauer Substanz (GM; 7,1%). Davon waren 174 NL (154 in WM, 20 in GM), 262 CEL (256 in WM, 6 in GM) und 173 CSL (156 in WM, 17 in GM). Durchschnittlich hatte jeder Patient 6,8 Läsionen (etwa 2 NL, 3 CEL und 2 CSL). Die NL wiesen einen durchschnittlichen Durchmesser von 6,0 mm (2–38 mm) auf, die CEL von 11,7 mm (2–70 mm) und die CSL von 9,6 mm (2–58 mm).
Die aktiven Entzündungsherde fanden sich vor allem im Corpus callosum (CC) und im lateralen Nucl. genicularis. Im CC korrelierte der Volumenverlust signifikant mit der Anzahl der dortigen Läsionen, im lateralen Nucl. geniculatus mit den MS-Läsionen entlang der Sehstrahlen. Die Studie zielte nicht darauf ab, klinische Faktoren für die Atrophie zu identifizieren. NW
Kommentar

Die VBM-Befunde legen nahe, dass alle Formen von MS-Herden, also neu auftretende und auch schon länger bestehende, sich dynamisch verändernde chronische Läsionen zur Hirnvolumenminderung maßgeblich beitragen. Die Hirnatrophie tritt bevorzugt entweder in unmittelbarer Nachbarschaft der Herde auf oder in anatomisch bzw. funktionell verbundenen Regionen. Vermutlich beruht sie zumeist auf einer Waller’schen und/oder retrograden Degeneration.

Quelle:

Fox J et al.: Individual assessment of brain tissue changes in MS and the effect of focal lesions on shortterm focal atrophy development in MS: a voxel-guided morphometry study. Int J Mol Sci 2016; 17(4): pii: E489 [Epub 1. Apr.; doi: 10.3390/ijms17040489

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