Risikofaktor oder sehr frühes Prodrom?

Neuro-Depesche 5/2016

Depression erhöht Parkinson-Risiko exzessiv

Viele Parkinson-Patienten leiden schon vor den ersten motorischen Manifestationen an nicht-motorischen Frühsymptomen. In einer bevölkerungsweiten Kohortenstudie wurde in Schweden untersucht, ob die Erkrankung an einer depressiven Störung mit einem anschließend erhöhten Langzeitrisiko einhergeht, einen Morbus Parkinson zu entwickeln.

140 688 Personen mit einer depressiven Störung wurden im Nested case-control-Design jeweils drei Kontrollen ohne Depression gegenübergestellt (insg. n = 562 631). In einer Subgruppe von 540 811 Geschwisterpaaren wurde zusätzlich nach potenziellen familiären Risikofaktoren für die Diagnostizierung beider Erkrankungen gesucht.
Während einer Follow-up-Dauer von 0–26, median 6,8 Jahren wurde bei 3260 Personen ein Parkinson-Syndrom diagnostiziert. Die auf verschiedene Variablen adjustierte Wahrscheinlichkeit dafür war bei den depressiven Personen im ersten Jahr nach der Depression exzessiv erhöht (Odds Ratio: 3,2; 95%-KI: 2,5–4,1). Sie nahm im weiteren Verlauf zunehmend ab, war aber selbst nach 15 bis 25 Jahren noch um 50% erhöht (OR: 1,5; 95%-KI: 1,1–2,0).
Als unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung eines Parkinson-Syndroms konnten lediglich wiederholte Krankenhausbehandlungen der Depressiven identifiziert werden (≥ 5 vs. 1 Hospitalisierung OR: 1,4).
In der Familienauswertung wurde keine signifikante Assoziation zwischen der Depression des einen und dem Parkinson-Risiko des anderen Geschwisterteils festgestellt (OR: 1,1). JL
Kommentar

Der Zeit- und „Dosis“-abhängige Zusammenhang und das Fehlen einer familiären Koaggregation der beiden Krankeiten legen eine direkte Verbindung zwischen der Depression und einer anschließend auftretenden Parkinson- Erkrankung nahe. Dass die Assoziation über mehr als zwei Dekaden andauerte, spricht dafür, dass die Depression entweder einen starken kausalen Risikofaktor darstellt oder aber ein sehr frühes prodromales Parkinson- Symptom ist. Da (natürlich) nicht alle das Risiko möglicherweise beeinflussenden Variablen einbeziehbar sind, bleibt der wahre Zusammenhang unbekannt.

Quelle:

Gustafsson H et al.: Depression and subsequent risk of Parkinson disease: A nationwide cohort study. Neurology 2015; 84(24): 2422-9

ICD-Codes: G20

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