Fünf Jahre Krieg in Syrien

Neuro-Depesche 11/2016

Das sind die Konsequenzen für die Kinder

Die bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien wollen nicht enden – und die Zivilbevölkerung scheint besonders stark in Mitleidenschaft gezogen zu sein. Geschätzte 15 Millionen syrische Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht. Eine Gruppe von Forschern aus Ägypten, Belgien, Quatar und der Türkei untersuchten nun die vielschichtigen, auch medizinischen Folgen des Krieges auf die vulnerabelste Gruppe, die Kinder.

In die Querschnittsstudie wurden im Mai 2015 von Gesundheitshelfern des Quatarischen Roten Halbmondes (QRC), unterstützt von der WHO, 1001 Kind aus dem nordwestlichen Syrien eingeschlossen, 41% aus Aleppo, 36% aus Idlib, 15% aus Hamah und 8% aus der Hafenstadt Lattakia. Sie waren im Alter zwischen 0 und 15, median sechs Jahren, 398 waren jünger als fünf Jahre, 61% waren Jungen.
Fast jedes fünfte Kind (ca. 20%) war aus seinem Heimatort geflohen. Bei 89 Kindern (9%) waren die Väter und/oder Mütter vermisst oder getötet worden. Mehr als die Hafte der 882 Kinder im schulpflichtigen Alter (51%) besuchten keinen Unterricht.
Darüber hinaus hatten 15% der Kinder keinen Zugang zu sauberem (Trink-)Wasser. 23% standen keine adäquaten sanitären Anlagen und 16% (in Idlib 44%) keine geeigneten Nahrungsmittel zu Verfügung. Zeichen der Mangelernährung zeigten 32%. Fast zwei Drittel (64%) wurden von keinem Kinder-Familienarzt betreut. Der Impfstatus (z. B. Masern, Hepatitis B, Tetanus/Pertussis/Diphtherie, Polio und/oder Tuberkulose) war bei 72% unzureichend, besonders bei den jüngeren Kindern. JL

KOMMENTAR

Die Studie zeigt exemplarisch die erschütternden Lebensumstände der syrischen Kinder in den umkämpften Regionen auf. Auch wenn die Wiederholung es nicht besser macht: Der WHO zufolge stellen die Ereignisse in Syrien die größte humanitäre Katastrophe des 21. Jahrhunderts dar. Viele Gesundheitseinrichtungen sind zerstört, die verbleibenden oft nicht mehr ausreichend funktionsfähig. Unter 100 000 geschätzten Todesopfern in der Zivilbevölkerung befinden wohl deutlich mehr als 20 000 Kinder. Wie verheerend sich die Umstände auf die psychische Gesundheit auswirken, lässt sich unschwer vorstellen. Nach Schätzungen der „Ärzte ohne Grenzen“ besteht bei bis zu einem Viertel der Kinder das Risiko einer psychiatrischen Krankheit – eine Bürde für die nächsten Jahrzehnte.

Quelle:

Elsafti AM et al.: Children in the Syrian civil war: the familial, educational, and public health impact of ongoing violence. Disaster Med Public Health Prep 2016; 1-9 [Epub 14. Okt.; doi: 10.1017/dmp. 2016.165]

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