An der US-Grenze zu Mexiko

Neuro-Depesche 1-2/2017

Asyl für Menschen aus Mittelamerika?

Wie es um die psychische Gesundheit von Menschen aus Mittelamerika bestellt ist, die als Migranten an der mexikanischen US-Grenze ankommen, prüften Forscher aus New York noch in der Vor-Trump-Ära. Sie untersuchten, welche Traumata die Migranten aufweisen und wie viele wohl die gesetzlichen Asyl-Kriterien erfüllen.

Drogenkartell- und Bandenkriminalität führen dazu, dass immer mehr Menschen aus Mittelund Südamerika in die USA fliehen. 2013 waren es 20 000 unbegleitete Minderjährige und 7000 Familien, 2014 betrug deren Zahl jeweils 50 000. Nicht nur aus Mexiko selbst, auch aus den mittelamerikanischen Ländern suchen immer mehr Menschen in den USA Asyl.
Nun wurden mit mehr als 200 Erwachsenen (198 Frauen und 36 Männer) im Alter zwischen 18 und 62 Jahren aus El Salvador (n = 115), Honduras (n = 74) und Guatemala (n = 46) semistrukturierte Interviews zu den Fluchtursachen geführt. Darin gaben 191 Migranten (83%) körperliche oder sexuelle Gewalt, Bedrohung und Verfolgung als Grund für die Flucht aus ihrem Land an. U. a. berichtete etwa ein Drittel (32,2%), dass ein Familienmitglied ermordet worden war. 119 Befragte (69%) hatten diese Ereignisse aus Furcht vor Rache der Banden und Korruption bei der Polizei nicht angezeigt. 204 Personen (90%) hatten Angst davor, in ihr Heimatland zurückzukehren.
Basierend auf einer Symptom- Checkliste und den standardisierten Fragebögen Harvard Trauma Questionnaire (HTQ) und Patient Health Questionnaire- 9 (PHQ-9) erfüllten 51 (32%) die diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), 36 (24%) einer depressiven Störung und 25 (17%) beider Krankheiten.
Dem Abgleich der Ergebnisse mit den US-amerikanischen Asyl-Gesetzen zufolge erfüllten 159 der 232 Personen (70%) die Bedingungen für ein Asyl: 80% aus El Salvador, 74% aus Honduras und 41% aus Guatemala. JL
Kommentar

Die Mehrheit der geflohenen Menschen dieser Studie wies eine PTBS und/oder Depression auf, die auf Traumata in ihrer Heimat zurückzuführen waren. Sollten ihre Angaben der Überprüfung standhalten, erfüllten mehr als zwei Drittel die US-amerikanischen Asylbedingungen, da auch Bandengewalt von den Behörden zunehmend anerkannt wird. Die Autoren raten, die Asylprüfung möglichst schnell durchzuführen, da längere Internierungen die psychischen Krankheiten noch verschlimmern können.

Quelle:

Keller A et al.: Pre-migration trauma exposure and mental health functioning... PLoS One 2017; 12(1): e0168692 [Epub 10.01.; doi: 10.1371/journal.pone.0168692]

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