Selten oder sehr selten?

Neuro-Depesche 12/2001

Abduzensparese als isoliertes MS-Symptom

Schottische Ophthalmologen beschreiben drei Patienten, bei denen eine isolierte Affektion des VI. Hirnnerven das einzige Symptom einer beginnenden MS war.

Visusverluste im lateralen Gesichtsfeld und Diplopie waren bei den drei Patienten im Alter zwischen 24 und 35 Jahren die einzigen Beschwerden. In der ophthalmologischen Untersuchung zeigten sich mit einseitig schnellen Sakkaden, einseitigen Verlangsamungen der abduzierenden Augenbewegung und / oder einer ausgeprägten Esotropie (Einwärtsschielen) Zeichen einer Aduzenslähmung. In den ausgedehnten Untersuchungen fanden sich keine weiteren neurologischen Symptome. Bei einem Patienten ergab die protonengewichtete MRT-Untersuchung eine ausgedehnte Signalanreicherung im Corpus callosum. Eine weitere Patientin erlitt bei negativem MRT-Befund und nach Vollremission der ophthalmologischen Symptome sieben Jahre später einen neuroradiologisch bestätigten Schub. Während in diesen beiden Fällen sämtliche Laborbefunde negativ ausfielen, zeigten sich bei dem dritten Patienten neben Hirnstamm-Läsionen in der Kernspintomographie auch oligoklonale Bande in der Liquoruntersuchung. Er wurde mit Kortikosteroiden hochdosiert behandelt, worunter sich die ophthalmologischen Symptome besserten. Die retrospektive Analyse aller 600 Patienten mit MS, die zwischen 1982 und 1998 überwiesen worden waren, ergab eine Häufigkeit einer isolierten Abduzensparese von 0,5%, bei Beschränkung auf das Alter zwischen 18 und 50 Jahren von 1,6%. Damit scheint diese Affektion, entgegen Berichten von bis zu 9%, ein sehr seltenes Erstsymptom zu sein. (JL)

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